Freital ist eine Große Kreisstadt in der Mitte des Freistaates Sachsen, etwa neun Kilometer südwestlich vom Zentrum der Landeshauptstadt und angrenzend an Dresden. Sie ist nach der Einwohnerzahl die größte Stadt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und nach der Landeshauptstadt die zweitgrößte Stadt im Ballungsraum Dresden. In dieser Region gilt sie als Mittelzentrum.[2]
Die Stadt Freital entstand am 1. Oktober 1921 durch den Zusammenschluss der Gemeinden Deuben, Döhlen und Potschappel, die sich, begünstigt durch die Industrialisierung und den Steinkohlenbergbau, bis in das beginnende 20. Jahrhundert von Dörfern zu Standorten verschiedener bedeutender Industriezweige und Orten städtischer Prägung entwickelt hatten. Bis 1999 kamen durch Eingemeindungen zwölf weitere Stadtteile hinzu. Für kurze Zeit war Freital kreisfrei (1924–1946) und nach der Kreisreform 1952 bis 1994 Verwaltungssitz des Kreises Freital. Nachdem der Kreissitz nach Dippoldiswalde verlegt worden war, wurde Freital 1997 Große Kreisstadt.
Geschichte der Dörfer
Die schriftlich belegte Geschichte beginnt mit der Dresdner Urkunde von 1206, in der Adlige erscheinen, die sich nach Potschappel, Döhlen und Wurgwitz nennen. Potschappler Adel wird erst wieder 1309 genannt, während der Döhlener 1228 als Arnold „de Zukerade“ (Erstnennung von Zauckerode) wieder erwähnt wird. Die Potschappler dürften in den Herren von Sürßen aufgegangen sein, die anscheinend teilweise in die Oberlausitz übersiedelten. Es hat sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um ein hervorgehobenes Vasallengeschlecht der Burggrafen von Dohna gehandelt, das maßgeblich in die Durchführung von deren hochkolonialem Landesausbau in Richtung Rabenau, Dippoldiswalde eingebunden war (vgl. Artikel Burg Thorun). Die Herren von Wurgwitz, deren Geschicke sich gut nachvollziehen lassen, kolonisierten zur gleichen Zeit im Auftrag des Meißner Bischofs und gehörten – zumindest unter Bruno von Porstendorf – zu dessen engeren Vertrauten. Weitere sich nach Wurgwitz nennende Adlige sind noch bis ins 15. Jahrhundert benannt. Die meisten Freitaler Stadtteile werden erst im 14. oder 15. Jahrhundert zum ersten Mal genannt.
Die (früh-)neuzeitliche Geschichte des heutigen Freitals ist eng mit der Geschichte des Steinkohlenbergbaus im Döhlener Becken, dem jetzigen Freitaler Gebiet, verbunden. Erste Erwähnungen dazu gab es 1542. Der herzogliche Beamte Hans Biener erhielt durch Herzog Moritz von Sachsen das Privileg, Steinkohle abzubauen. Überliefert sind die länger schon bekannten Steinkohlenfunde und einige Bauern schürften knapp unter der Erdoberfläche nach Brennmaterial für den Eigenbedarf. Im Jahr 1571 wurde erstmals in Burgk und 1574 in Potschappel Kohle abgebaut. Als die oberflächlichen Vorräte zur Neige gegangen waren, gerieten die Schächte in Vergessenheit.
Im Jahr 1743 wurde ein so genanntes Steinkohlenmandat erlassen, das dem Grundbesitzer alle Rechte an der auf seinem Grundstück zu schürfenden Kohle gab. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts gründeten sich ungefähr 30 Kleinbetriebe, die durch ihre geringe Größe und Erfahrung bei einem großen Konkurrenzdruck leistungsschwach waren.
Dies änderte sich mit dem Beginn der Industrialisierung. Das Königreich Sachsen wollte seinen Anteil daran haben. Zum bereits 1799 erworbenen kurfürstlichen Leopold-Erbstolln, wurden 1806 die Rittergüter Zauckerode und Döhlen samt den Privilegien an den Potschappler Kohlefeldern akquiriert und bis 1822 alle verbliebenen Betriebe links der Weißeritz aufgekauft. Aus den vielen kleinen Unternehmen wurde so ein großes erschaffen, die „Königlich Sächsischen Steinkohlenwerke im Plauenschen Grunde“, später „Königliches Steinkohlenwerk Zauckerode“. Es stand unter der Direktion von Carl Wilhelm von Oppel. Die Lokaladministration des Werkes übernahm der Faktor Ernst Friedrich Wilhelm Lindig.
Auf der rechten Weißeritzseite begann die Konzentration der Betriebe erst 1819, als Carl Friedrich August Krebß (später Freiherr Dathe von Burgk) neuer Rittergutsbesitzer auf Burgk wurde. Er erbte fünf Schachtanlagen und kaufte umliegende Kohlefelder hinzu. Daraus gründete er die „Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke“.
Während dieser Konzentration setzte eine schnelle Entwicklung der Technik und der nachfolgenden Industrie ein. Der Aufschwung war so gewaltig, dass der Steinkohlenabbau des Plauenschen Grundes mehrere Jahrzehnte, etwa bis in die 1890er Jahre, in technischer und organisatorischer Hinsicht an der Spitze in Deutschland stehen konnte. Daraus folgten viele technische Neuerungen und bahnbrechende Erfindungen. Von weltweiter Bedeutung war und ist die 1810 von Ernst Friedrich Wilhelm Lindig erfundene nasse Kohlenaufbereitung (Kohlenwäsche). Die erste Dampfmaschine im sächsischen Bergbau, gebaut von Christian Friedrich Brendel,[8] stand 1820 auf dem Neuen Zauckeroder Kunstschacht. Im Oppelschacht des Königlich Sächsischen Steinkohlenwerks Zauckerode nahm 1882 die erste Elektrolokomotive der Welt im Dauereinsatz ihren Betrieb auf. Es war die Grubenlokomotive „Dorothea“ von Siemens & Halske. In Freital liegt damit der Ursprung der Elektromobilität in Sachsen.
In Burgk begann 1823 die Verkokung der Steinkohle und 1828 wurde das erste Gas erzeugt. Burgk wurde so zum ersten Dorf der Welt mit öffentlicher Gasbeleuchtung. Im gleichen Jahr hatte die Dresdner Innenstadt durch Rudolf Sigismund Blochmann eine Gasbeleuchtung erhalten. Im Jahr 1842 ging der erste sächsische Kokshochofen in der König-Friedrich-August-Hütte in Betrieb.
Um die technisch bedingten großen Wassermengen aus den Gruben herauszubekommen, mussten Wasserbauwerke geschaffen werden, so der Tiefe Weißeritzstolln (1800–1838) und der Tiefe Elbstolln (1817–1836). Am 2. August 1869 ereignete sich im Segen-Gottes- und Neuhoffnungsschacht der Burgker Steinkohlenwerke nahe dem Windberg eine Schlagwetterexplosion, bei der 276 Bergleute umkamen. Am Segen-Gottes-Schacht erinnert daran ein Denkmal.
Das Hochwasser 1897 führte zum Anstieg der Weißeritz um das 140fache des normalen Pegels. In Deuben beschädigte das Hochwasser über 100 Häuser, mehr als ein Dutzend stürzten ein, weit über 100 Familien wurden obdachlos. Nach Rechnungen der Gemeinde richteten die Fluten einen Schaden von rund 1.300.000 Mark an, in Potschappel entstand ein Schaden von etwa 780.000 Mark.[9] Der sächsische König Albert (1828–1902) veranlasste militärische Hilfeleistungen zur Behebung der Schäden. Zum Dank wurde 1903/04 das König-Albert-Denkmal auf dem vorderen Plateau des Windbergs errichtet, das sich zu einem Wahrzeichen der späteren Stadt Freital entwickelte.
Um dem gestiegenen Verkehrsaufkommen durch das starke Bevölkerungswachstum im Plauenschen Grund gerecht zu werden, wurde im Jahr 1902 die vom Dresdner Postplatz bis zum Dorf Plauen bereits bestehende Straßenbahnlinie bis an die Deubener Güterstraße verlängert (Plauensche Grundbahn).[10] Dort wurde auf dem Gelände des heutigen Busbahnhofes das Straßenbahndepot errichtet. Bereits 1906 folgte die Erweiterung bis zum Gasthof Hainsberg (etwa Höhe Turnergäßchen), ab 1912 war Coßmannsdorf Endstation der Straßenbahnlinie. Ab dem Jahr 1906 verkehrte die Güterbahn Deuben zwischen dem Straßenbahndepot und der Egermühle entlang der heutigen Poisentalstraße. Diese Straßenbahn war nur für den Güterverkehr vorgesehen und wurde am 19. November 1972 eingestellt.
Gründungsjahre und Nationalsozialismus
Erste Überlegungen zu einem Gemeindezusammenschluss im Döhlener Becken gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Nachdem die Gemeinden einer Fusion mit den Nachbarn zunächst ablehnend gegenüberstanden, änderte sich dies bis zu Beginn der 1920er Jahre. Den Beschluss zur Vereinigung von Deuben, Döhlen und Potschappel fassten die drei Kommunen am 14. Januar 1920.[9] In der Bevölkerung wurde vor allem der zukünftige Name der Stadt kontrovers diskutiert, da möglichst einzelne Silben der drei Gemeinden in den neuen Namen einfließen sollten und keine Einigung auf den Namen einer Gründungsgemeinde bestand. Es wurden Namen wie „Deupodö-Stadt“ (von Deuben, Potschappel und Döhlen) oder „Dreistadt“ vorgeschlagen, populär waren zudem die Vorschläge „Weißeritz“ und „Windbergen“ als Stadtname, diese Varianten wurden von der Amtshauptmannschaft favorisiert. Angenommen wurde letztlich der Vorschlag des Döhlener Gemeindevertreters und USPD-Politikers Julius Hermann Henker, die Stadt „Freital“, abgeleitet von dem „freien Tal“ der Weißeritz, zu nennen.[11]
Am 1. Oktober 1921 trat der von den Gemeindevorstehern von Deuben, Döhlen und Potschappel im Rathaus Döhlen unterzeichnete Gründungsvertrag der Stadt Freital in Kraft. Die Geschäfte führte zunächst kommissarisch der ehemalige Potschappler Gemeindevorsteher Max Baumann. Als erster Bürgermeister der neuen Stadt wurde am 16. März 1922 Carl Wedderkopf (1885–1961) gewählt. Er trat sein Amt zum 1. Mai 1922 an und leitete die Geschicke der Stadt bis 1927.[12]
Am 1. April 1924 wurde Freital kreisfreie Stadt innerhalb der Kreishauptmannschaft Dresden, nachdem sie zuvor Teil der Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt gewesen war. Dies brachte neben größerer Selbständigkeit, vor allem im Finanzbereich, auch das Recht mit sich, das Stadtoberhaupt als Oberbürgermeister zu bezeichnen. Der bereits amtierende Carl Wedderkopf führte seitdem diesen Titel.[12]
Seit der Kaiserzeit bis in die Weimarer Zeit hinein entwickelten sich die Stadt und ihre Vorgängerorte zu einer Hochburg der Sozialdemokratie.[13] In der Weimarer Republik war Freital die einzige Stadt in Sachsen mit einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister, da hier die Kommunisten nicht so stark wie im übrigen Sachsen vertreten waren. Fast jeder zehnte Bürger war Mitglied der SPD, die für viele Vereine und Freizeitbeschäftigungen sorgte und Freital zu einer „Wohlfahrtsinsel im trüben kapitalistischen Gewässer der Weimarer Republik“ machte. Das Heil-, Fürsorge- und Wohlfahrtswesen war vollständig in städtischer Hand und alle seine Leistungen waren kostenlos erhältlich. Es wurden zahlreiche Sozialwohnungen – teils genossenschaftlich, teils in städtischem Besitz – gebaut. Dahinter steckte eine eigene konzeptionelle Vorstellung von Sozialismus, die zum Spitznamen „Rotes Wien in Sachsen“ für Freital in den 1920er Jahren und zu einem Besuch der Delegation des Genfer Völkerbundes 1927 führte, die dieses Konzept am praktischen Beispiel Freitals studieren wollte.[14]
Um 1930 hatte Freital jedoch rund sieben Millionen Mark Schulden, das geringste Steueraufkommen und mit Pirna die höchste Arbeitslosenquote in Sachsen. In dieser Zeit wurde von den Stadträten die Vereinigung mit Dresden angedacht, es fanden bereits Sondierungsgespräche zwischen den Bürgermeistern beider Städte statt. Die Pläne wurden nicht verwirklicht und Freital blieb nach dem zehnten Jubiläum der Stadtgründung 1931 eigenständig.[15]
Die Amtszeit des sozialdemokratischen Oberbürgermeisters Gustav Klimpel, der auf den 1927 aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Carl Wedderkopf gefolgt war, wurde infolge der Machtergreifung Hitlers 1933 beendet. Sein Nachfolger war das NSDAP-Mitglied Erhardt Schroeter. In den folgenden Jahren formierte sich in Freital und Umgebung zahlreicher Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Es setzte ein Wandel vor allem im Geschäftsleben ein, da viele jüdische Gewerbetreibende aus Deutschland flohen. So verließ beispielsweise der Inhaber des bedeutenden Potschappler Central-Kaufhauses Alois Eckstein die Stadt.
In der Stadt waren während des Zweiten Weltkrieges etwa von 1943 bis 1945 Zwangsarbeiterlager für 4000 bis 5000 Häftlinge eingerichtet worden. Ein Drittel von ihnen waren Frauen, die in den Gußstahlwerken Döhlen des Flick-Konzerns Zwangsarbeit verrichten mussten. Sie waren aus den von Deutschland besetzten Ländern verschleppt worden. Am 24. August 1944 wurde ein alliierter Luftangriff auf den Freitaler Stadtteil Birkigt geflogen, der als Ziel das Voltolwerk der Rhenania-Ossag im Ort hatte. Dieser Tagangriff legte den Stadtteil größtenteils in Schutt, 241 Menschen kamen ums Leben. Den Stadtteil Potschappel trafen Sprengkörper am 14. Februar und 17. April 1945. Insgesamt beklagte Freital 262 Bombentote, über 2000 Wohnungen erfuhren erhebliche Zerstörung, Unternehmen, wie die Maschinenfabrik Müller in Potschappel, verloren ihre Produktionsstätten durch die Bombardements.[16]
Am 8. Mai 1945 übernahmen die Kampftruppen der Roten Armee die Stadt kampflos.[17]
Nachkriegs- und DDR-Zeit
Nach dem Ende der NS-Zeit und des Krieges traten wieder fast 3000 Menschen der SPD bei. Erster Nachkriegsbürgermeister war Franz Baumgarten übergangsweise zwischen März und August 1945. Ihm folgte der SPD-Mann Arno Hennig bis 1946. Vom 5. bis zum 8. Oktober 1945 fand der „I. Landesparteitag der SPD“ im „Goldenen Löwen“, einem großen Gasthaus in Potschappel, statt. Nach der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED erzielte die SED eine deutliche Mehrheit bei den ersten Wahlen, der SED-Politiker Karl Wenk erlangte das Amt des Oberbürgermeisters.
Wie in ganz Sachsen wurde am 30. Juni 1946 der Volksentscheid zum Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes abgehalten. In Freital stimmten 85,7 % der Stimmberechtigten für das Gesetz, dieser Wert lag weit über dem sächsischen Gesamtergebnis von 77,6 %. In Folge kam es zur Enteignung von Industriellen und Großgrundbesitzern, die mit ihren Unternehmen während der NS-Zeit die Kriegswirtschaft Hitlers unterstützt hatten.
Freital verlor 1946 den Status der Kreisfreien Stadt und wurde in den Landkreis Dresden, der aus der Amtshauptmannschaft Dresden hervorgegangen war, eingegliedert. Die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft Wismut durchsuchte das Freitaler Steinkohlenrevier ab 1947 auf radioaktive Anomalien mit Hilfe mehrerer Schächte und Schürfe. Aus der nach dem Krieg entstandenen Sowjetischen Besatzungszone bildete sich 1949 die Deutsche Demokratische Republik (DDR). Mit der Kreisreform 1952 wurde Freital Verwaltungssitz und kreisangehörige Stadt des neugegründeten Kreises Freital im Bezirk Dresden. Er war aus Teilen der alten Landkreise Dippoldiswalde, Dresden, Meißen und Freiberg entstanden.
Im Juli 1961 wurde der spätere Freitaler Stadtteil Hainsberg Austragungsort der Weltmeisterschaften im Wildwasserrennen und im Kanuslalom. Es war das erste Mal, dass die Weltmeisterschaften im Wildwasserrennen zusammen mit dem Kanuslalom an einem Ort ausgetragen wurden. Es traten Sportler aus 13 Nationen an. In beiden Meisterschaften siegten DDR-Sportler. Etwa 30.000 Zuschauer verfolgten die Wettkämpfe.[18] Für genug Wasser in der Weißeritz wurde durch die teilweise Öffnung der Talsperre Malter gesorgt.
Nach der Einstellung des Steinkohlenbergbaus 1968 übernahm die Wismut die Anlagen des Steinkohlenwerks „Willi Agatz“ und förderte bis 1989 Erzkohle zur Urangewinnung. Am 26. Mai 1974 wurde die Straßenbahnlinie 3 der Dresdner Verkehrsbetriebe eingestellt und durch eine Stadtbuslinie (3A) ersetzt. In den 1970er Jahren erwies sich die Schmalspurbahnstrecke nach Wilsdruff als unrentabel und wurde stillgelegt. Aufgrund der ungenügenden Abgasbehandlung in den zahlreichen Freitaler Industriebetrieben (Edelstahlwerk, Glaswerk, Papierfabrik, Alpha Chemie) musste die Stadt in ihrer Beckenlage zwischen 1950 und 1990 sehr oft starke Luftschadstoffbelastungen hinnehmen, deren Ausmaß offiziell verschwiegen wurde. Die Deponien des Bergbaus und des Stahlwerkes führten zu starken Belastungen des Naturhaushaltes.
An den Stadträndern und teilweise im Zentrum wurden Wohngebiete für die zahlreichen Arbeiter errichtet. Kleinere Einheiten entstanden in den 1960er Jahren am Raschelberg in Freital-Niederhäslich und in den 1970er Jahren in Freital-Hainsberg. Das größte Neubaugebiet war die Plattenbau-Siedlung in Zauckerode für die Arbeiter des Edelstahlwerks.
In den 1970er Jahren wurde der Eisenbahn-Haltepunkt Freital-Hainsberg West an der Bahnstrecke Dresden–Werdau gebaut.
Die SED-Herrschaft in der DDR hat die Erinnerung an die sozialdemokratische Anfangszeit der Stadt vollständig überlagert, so erhielt die wiedergegründete sächsische SPD nach der deutschen Wiedervereinigung nur noch etwa zehn Prozent der Stimmen im Jahr 1990.[19] Von der durch Arbeitervereine geprägten Freizeitkultur ist in dieser Form nichts mehr verblieben.
Nachwendezeit
Im Zuge der friedlichen Revolution 1989 erlebte Freital einige Demonstrationen, vor allem im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung eines Reinstsiliziumwerkes im angrenzenden Dresden-Gittersee. In den anschließenden freien Gemeinderatswahlen am 6. Mai 1990 siegte in Freital zunächst die CDU mit Bürgermeister Dietmar Lumpe und 46,7 % der Stimmen vor PDS (14,4 %) und der SPD (12,6 %).[19] Der Stadtrat hielt seine konstituierende Sitzung am 6. Juni 1990 im Club der Edelstahlwerker ab. Ab 1994 stellte die SPD mit Klaus Pollack für sieben Jahre wieder den Bürgermeister.
Im Zuge der Kreisreform 1994 wurde die zentraler im Landkreis, jedoch nicht direkt im Ballungsraum Dresden gelegene und wesentlich kleinere Stadt Dippoldiswalde Kreissitz des neuen Weißeritzkreises. Freital verlor seinen Kreissitz und ist seitdem die einwohnerreichste kreisangehörige Stadt, die nicht auch Kreisstadt ist. Jedoch erhielt Freital 1997 den Status einer Großen Kreisstadt und trägt diesen Titel seitdem als eine von insgesamt 50 sächsischen Städten. Durch den Strukturwandel in der Nachwendezeit reduzierten viele der Industriebetriebe ihre Belegschaft teils drastisch, einige gingen im neuen Wirtschaftssystem in Konkurs. Die Arbeitslosenquote in Freital stieg durch zahlreiche Entlassungen auf über 10 %. Der Anstieg konnte jedoch durch die Nähe zur Landeshauptstadt Dresden und die Eröffnung von Sachsens erstem neuen Gewerbegebiet in Kesselsdorf teilweise kompensiert werden. Durch Abwanderung nach Westdeutschland ging die Einwohnerzahl Freitals deutlich zurück, von etwa 40.000 Einwohnern 1990 sank sie auf den Tiefststand von etwa 37.500 Ende 1995. Danach stagnierte sie, bis durch die Eingemeindung von Pesterwitz im Jahr 1999 wieder das Niveau von 1990 erreicht wurde. Es folgte wieder ein leichter Bevölkerungsrückgang bis auf 39.037 Einwohner am 31. Dezember 2008, seitdem stieg die Einwohnerzahl wieder leicht.
In den späteren 1990er Jahren erhielt Freital ein modernes Stadtbussystem mit den Linien A–F, die zunächst vom Regionalverkehr Dresden betrieben wurden. Der Bau einer Umgehungsstraße, vor allem zur Erschließung neuer, durch Industrieflächen-Konversion entstandener Gewerbeflächen, wurde begonnen. Im Jahr 1996 beging Freital die 75-Jahr-Feier der Stadtgründung.
Seit 2000
Seit den Bürgermeisterwahlen 2001 stellt die CDU mit Klaus Mättig wieder das Stadtoberhaupt. Mättig war zuvor Gemeindevorsteher von Pesterwitz. Im Oktober 2001 wurde der erste Teilabschnitt der Bundesautobahn 17 zwischen dem Dreieck Dresden-West und Dresden-Gorbitz freigegeben. Damit verkürzte sich der Fahrtweg zur Autobahn deutlich.
Ein einschneidendes Ereignis war das Hochwasser der Weißeritz im August 2002. Während der „Jahrhundertflut“ zerstörte der Fluss große Teile der Infrastruktur und Bebauung im engen Tal und forderte auch Menschenleben. Die Sanierung beschädigter Straßen, Häuser und Brücken wurde bis 2005 weitgehend abgeschlossen. Viele der durch die Wassermassen verwüsteten Häuser in der Innenstadt wurden abgerissen. Das Stadtbild ist seither stärker von Freiflächen durchzogen. Die für den Tourismus bedeutende Weißeritztalbahn wurde vom Hochwasser stark beschädigt. Nach sehr umfangreichen Bauarbeiten, konnte 2008 das Teilstück bis Dippoldiswalde, und erst 2017 die Gesamtstrecke, wieder in Betrieb genommen werden. Im Zuge der Sanierungen wurde das Schienennetz der Deutschen Bahn im gesamten Weißeritztal instandgesetzt und die Bahnhöfe der Stadt wurden umfangreich saniert. Seit 2002 investiert die Landestalsperrenverwaltung in den Hochwasserschutz, so in die Erneuerung und Erhöhung von Stützmauern, das Vertiefen des Flussbetts und der Beseitigung von Engstellen im Flusslauf der Weißeritz.
Der erste Teil der Freitaler Umgehungsstraße von Potschappel nach Deuben wurde 2006 für den Verkehr freigegeben. Die Planungen für den zweiten Teil von Deuben bis nach Hainsberg laufen seit einiger Zeit, wobei die Finanzierung und Details zur Streckenführung ungeklärt sind. Freital gehört seit der Verwaltungsgebietsreform 2008 zum Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit Pirna als Kreisstadt. Im Jahr 2011 feierte Freital das 90. Jubiläum der Stadtgründung.
Rechtsextremistische Gewalt 2015/16
Insbesondere ab Juni 2015 gerieten fremdenfeindliche Proteste in Freital, unter anderem unter der Bezeichnung „Frigida“, gegen die Umfunktionierung eines ehemaligen Hotels zu einem Flüchtlingsheim und diesbezüglichen Aufrufen zu Gewalt in die überregionalen Nachrichten.[20] Auch Anschläge und Gewalttaten gegen Flüchtlinge wurden in diesem Zusammenhang verübt. Unter anderem Der Tagesspiegel berichtete von Rechtsextremisten, die „vereint mit ‚besorgten Bürgern‘“ über mehrere Wochen gegen die Unterkunft, die Asylbewerber und engagierte Flüchtlingshelfer im Ort mobil machten. Der Tagesspiegel warf dem damals als Nachfolger von Mättig gewählten Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) vor, in diesem Zusammenhang den Integrationswillen und die Hilfsbedürftigkeit der Flüchtlinge zu bezweifeln, die er mit „Glücksrittern, die nach Deutschland kommen, um auf Kosten der Gemeinschaft ein sorgloses Leben ohne Gegenleistung zu führen“ verglich.[21][22][23]
Im April 2016 wurde eine Gruppe mutmaßlicher Rechtsterroristen aus der Freitaler Region festgenommen. Der „Gruppe Freital“ wurden Sprengstoffanschläge und gewaltsame Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, Flüchtlingshelfer, ein Parteibüro der Linken und ein Wohnhaus in Dresden vorgeworfen.[24] Ferner äußerten sich die Mitglieder der Gruppierung in Chats rassistisch und posierten für ein Foto vermummt hinter einer Hakenkreuzfahne, die Arme zum Hitlergruß erhoben.[25] Es wurden schließlich sieben Männer und eine Frau in Dresden unter anderem wegen versuchten Mordes und der Bildung einer terroristischen Vereinigung angeklagt[25] und Anfang 2018 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Der Tagesspiegel[26] und Panorama berichteten in diesem Zusammenhang von einer verbreiteten Verharmlosung der rechtsterroristischen Gruppe und ihrer Taten im Ort, die laut Prozessbeobachtern den Nährboden für die Radikalisierung der „Gruppe Freital“ gebildet habe.[25]
Quelle: Wikipedia vom 08.11.2020